Freitag, 19. April 2013

Maries „Immer-wieder“-Tag



Einen Blog-Eintrag über meinen Alltag wollte ich schon sehr lange schreiben, im Grunde genommen, seit ich hier bin. Ich dachte immer: sobald sich bei mir ein Alltag eingestellt hat, wird ein Blog-Eintrag darüber geschrieben! Das Problem ist nur, dass sich bis heute eigentlich noch kein richtiger Alltag bei mir eingespielt hat. Schon alleine, weil meine Arbeit jeden Tag anders aussieht. Mal arbeite ich zu Hause, mal arbeite ich im Office, mal arbeite ich ganz woanders und manchmal arbeite ich gar nicht. Trotzdem habe ich ja auch meine paar Rituale, die jede Woche die gleichen sind und irgendeine Art Struktur habe ich ja auch in meinen Tagen. Also kommt hier trotzdem ein Eintrag über den Alltag  "Immer-wieder“-Tag. 

8.00 Uhr: Ich stehe auf. Meistens zu einem penetranten Piepen meines Weckers (wie ich es hasse, nichts ist befreiender, als sich abends keinen Wecker stellen zu müssen). Beim verschlafenen Rausrollen aus meinem Bett bleibe ich immer mit irgendwas im Moskitonetz hängen (meistens mit irgendeinem Ohrring/Piercing). Ventilator - zum Einschlafen notwendig - ausstellen und auf geht es: Wasserboiler anmachen! Während der Wasserboiler also für das Aufwärmen meines Wassers zuständig ist, nutze ich die 10 – 15 Minuten, die er dafür braucht, um mein Frühstück vorzubereiten. Wasser für den Kaffee wird auf meinem Gaskocher gekocht, ich schneide schon mal das Obst. Dann geht es mit hoffnungsvollem Bangen unter die Dusche: wird das Warmwasser willens sein, aus dem Hahn zu kommen? Wird überhaupt irgendeine Art  von Wasser aus dem Hahn kommen? Inzwischen überliste ich das Warmwasser aber heimtückisch; aus irgendwelchen Gründen funktioniert es manchmal erst, nachdem ich das Kaltwasser aufgedreht und wieder abgedreht habe. Aber selbst wenn es dann funktioniert: mit meiner Dusche ist es nahezu unmöglich das Kalt- und Warmwasser vernünftig zu regulieren, weshalb der folgende Textausschnitt hervorragend passt:  


Das Wasser tropfte launisch aus dem Rohr, war einmal viel zu heiß und gleich darauf eiskalt, kein fester Strahl, ich stand gefoppt in meiner Nacktheit da, ich trocknete mich ab und blieb doch nass von neuem Schweiß.  
Erich Wolfgang Skwara - Zerbrechlichkeit


Nach dem Duschen wird dann gefrühstückt. Zwei Tassen Good African Coffee und Fruchtsalat: Bananen, Passion Fruit und ab und zu gönne ich mir den Luxus dem noch Rosinen hinzuzufügen. Gerne hätte ich auch andere Früchte in meinem Obstsalat, aber Bananen und Passion Fruits sind die einzigen Früchte die mir nicht verschimmeln. 

8.45 Uhr: Schnell Computer und Notizbuch in meine Tasche stopfen und auf geht es zum Office. Um Geld zu sparen und die noch angenehme Temperatur zu dieser Zeit zu genießen laufe ich die Strecke meistens. Es gibt einen Weg, der nicht durch die Stadt führt, sondern durch Felder. Sehr viel angenehmer, da schöner und ruhiger, weil dort weniger Leute sind und Leute ja grundsätzlich potentielle Anquatscher sind: „Mzungu, how are you?“ – „I’m fine, how are you?“ – „I’m fine. How is your day?“ – „I don’t know, the day just started“. Das ist die ideale Kommunikation. Man muss aber sagen, dass man grundsätzlich nicht für solche Unterhaltungen anhält. Man geht einfach weiter, was zur Folge hat, dass man die Hälfte der Unterhaltung irgendjemandem entgegenschreit oder hinterherbrüllt. Viel mehr freuen tue ich mich aber, wenn Leute nur ihre paar Phrasen können (obwohl das nicht sonderlich viele sind, der Durchschnitts-Ugander spricht ausgesprochen gutes Englisch) und diese dann wild durcheinander wirft. Das kann dann so ablaufen (ohne, dass ich davor was gesagt habe): „Thank you, I’m fine.“ - „Oh that’s good. I’m fine as well.“ – „How are you, Muzungu?“ – „I’m still good!” – “Eeeeh!”.

9.00 Uhr: Zu dieser Uhrzeit sollte ich im Office sein. Bin ich aber meistens nicht, da das Office in der Hälfte der Fälle noch abgeschlossen ist, wenn ich rechtzeitig dort bin. 

9.15 Uhr: Realistische Ankunftszeit. Nun sitze ich also eine ganze Weile im Office und arbeite die meiste Zeit am Computer, unterhalte mich mit Emmanuel und Mary über irgendwelche Pläne für die nächste Zeit, trinke zwischendurch Tee mit ihnen und mache halt so das, was anfällt. Wenn ich grade nicht wirklich viel zu tun habe, ist das auch die Zeit, in der viele Blog-Einträge oder Mails entstehen. 

Zwischen 12.00 und 14.00 Uhr: Arbeitsende. Das hängt komplett davon ab, wie viel zu tun ist, oder ob Emmanuel noch was anderes zu tun hat und deshalb das Office abschließen muss. Aber selbst wenn ich noch was zu tun habe, gehe ich zu dieser Zeit meistens nach Hause, da ich lieber zu Hause arbeite. Kein Radio mit religiösen Liedern auf Luganda, keine Kollegen, die die ganze Zeit schnacken wollen. Auf dem Rückweg laufe ich zumeist durch die Stadt um beim Post Office nach Post zu fragen, Miete zu bezahlen, Lebensmittel auf dem Markt zu kaufen (Bananen-Nachschub!) oder irgendwelche anderen Sachen zu erledigen. Zu Hause angekommen gibt es dann ein kleines Mittagessen (meistens Tomatensalat – ich weiß, ich bin nicht sonderlich abwechslungsreich, was Frühstück und Lunch betrifft), bevor ich entweder weiterarbeite, lese, Musik höre, einen Film schaue oder andere „ergiebige“ Sachen treibe. Kommt auch immer darauf an, wann ich nach Hause gekommen bin und wie viel Zeit ich noch habe.

17.00 Uhr: Sportzeit! Am Montag, Mittwoch und Freitag bedeutet das, dass ich mich um diese Uhrzeit auf den Weg zum Gym mache, wo sich Jourdan (immer), Nick (in der Regel) und Rehema (manchmal) dann um 18 Uhr auch dazugesellen. Aber auch an den anderen Tagen mache ich zu dieser Uhrzeit meistens irgendeine Art von Sport. Und nein, ich bin nicht zum Bodybuilder geworden, wir trainieren für den Aufstieg auf den Margaritha Peak. Dieser Aufstieg wird vom 31. Mai bis zum 7. Juni sein und es wird gemunkelt, dass man dafür ziemlich fit sein sollte. Außerdem ist Sport mit anderen Leuten doch auch wirklich lustig, vor allem, weil man dann bei anderen sieht, wie albern die Übungen ausschauen, die man so macht. Oder was für schöne Fratzen sie ziehen, wenn sie Gewichte stemmen. Und weil man zwischendurch zu 80er-Jahre Musik lostanzen kann.  

Zwischen 19.00 und 19.30 Uhr: Fertig gesportelt. Was nun passiert, hängt immer vom Tag ab. Aber immer dusche ich erstmal (entweder bei mir, bei Jourdan oder bei Nick, je nach Planung) und danach treffe ich mich eigentlich jeden Abend mit irgendwelchen Leuten. Dienstag ist zum Beispiel fester Mädchen-Abend, an dem Jourdan und ich (manchmal auch noch Rehema) gemeinsam kochen, Wein trinken, Spiele spielen, quatschen und/oder einen Film gucken. Wenn Rehema anwesend ist, bringe ich ihr auch noch ein wenig Deutsch bei. Das mache ich auch am Donnerstag, da sie ein Stipendium für die Uni in Basel bekommen hat. Bald wollen Jourdan und ich vor unseren dienstäglichen Mädchenabenden (und vielleicht auch donnerstags) eine Art Sportprogramm für Mädchen anbieten, da Mädchen zumeist nicht wirklich ermutigt werden Sport zu treiben. Das werden dann vermutlich einfach irgendwelche lustigen Spiele sein, bei denen man sich viel bewegen muss. Soll dann immer für eine Stunde auf einem Sportplatz in der Nähe unserer beiden Häuser stattfinden. Außerdem möchten wir so etwas wie einen Schreibzirkel für Mädchen starten, das wäre dann an Freitagen. Mal gucken, ob wir beides umsetzen werden.
An den freien Abenden treffe ich mich dann mit den anderen Leuten aus Kasese (so gegen 20.00 Uhr, um das Zeitsystem hier mal nicht aus den Augen zu verlieren). Meistens bedeutet das Essen gehen, Pool spielen, Pokern, bei jemandem kochen oder ähnliches. 

Ab frühestens 21.30 Uhr (meistens aber später) bin ich wieder zu Hause. Die Zeit, die mir dann noch bis zum Schlafen gehen bleibt nutze ich meistens für die Kommunikation mit Freunden über Internet oder zum Lesen. Die Zeit mag ich, weil es dann kühler wird, ich meine Fenster sperrangelweit aufmache und die Luft reinlasse. 

Zwischen 23.00 und 24.00 Uhr: Ventilator an, Moskitonetz feststopfen und aufs Ohr hauen!

Donnerstag, 11. April 2013

Aller guten Dinge sind drei



In diesem Fall: drei Familienbesuche. Die involvieren eine Menge anderer dreien: drei Geschwister, Drei-Gänge-Menüs, Dreibettzimmer, drei Ankünfte, drei Abschiede, BilDREIhen, RunDREIsen, wilDREIche Safaris und obenDREIn noch vieles mehr. 

Aus der Perspektive der Marie S. 


(Verzeiht, dass ich die ganzen Daten nicht mehr im Kopf habe, aber wenigstens die zeitliche Reihenfolge stimmt!)

Paul war der erste Besucher und kam am 15. Februar um circa 4 Uhr morgens an. Als selbstopferungsvolle Schwester holte ich ihn vom Flughafen ab, da wir uns immerhin 1 ½ Jahre nicht gesehen hatten (das ist der Nachteil daran, in einer Weltenbummler-Familie zu leben). Wiedersehensfreude war dementsprechend groß! Mit ihm kamen zwei seiner Freunde, Elando und Niklas, die zu Anfang mit Paul mitreisten und sich dann später von ihm trennten. Aufgrund der Uhrzeit und der allseitigen Erschöpfung nahmen wir uns dann ein Special Hire zum Haus von Annika und Fabian, bei denen wir für das Wochenende unterkamen. Unser Kampala-Wochenende gestalteten wir recht entspannt, wackelten ein wenig durch die Stadt, bestiegen die Gaddafi-Moschee, gingen äthiopisch mit anderen artefact-Freiwilligen essen (Paul war natürlich der Experte), waren bei einer Haus-Einweihungsparty einer amerikanischen Freundin und erledigten dies und das von jenem, was ich immer gerne in Kampala erledige. 

Aussicht von der Gaddafi-Moschee auf Kampala

In der Moschee


Während ich mich dann am Montag mit den anderen artefactlern traf, um nach Lweza zu unserem Zwischenseminar zu fahren, das übrigens teilweise interessant, aber großflächig nicht tiefgründig genug war, fuhren Paul, Elando und Nick zunächst nach Jinja und von dort aus zu den Murchison Falls. Nach einer Woche trafen wir uns wieder in Kampala – die Jungs sehr kaputt vom Reisen, ich sehr kaputt vom Informationsaustausch, sodass Paul und ich beschlossen, dass es am sinnvollsten wäre, auf den Ssese-Islands zu entspannen. Die anderen beiden verbrachten ihre restliche Zeit dann in Fort Portal und Rwanda. Also fuhren wir mit einem Matatu nach Entebbe, von wo aus wir die Fähre nach Kalangala nehmen wollten, die jedoch nicht fuhr und durch ein kleineres Boot ersetzt wurde. Wäre ja auch irgendwie romantisch gewesen, wären wir nicht erst angekommen, als das Boot schon komplett voll war, sodass wir einen sehr unbequemen und den einzigen sonnigen Platz einnehmen mussten. Aber was soll‘s, für solche Situationen weiß jeder Reisende, wie man sich aus Klamotten einen Turban wickeln kann.  Nach Ankunft und Einquartierung im Hornbill Camp (da kommt man als Deutscher einfach nicht drum rum bei diesen sagenumwobenen deutschen Besitzern) gab es nur noch ein kurzes local food – Abendessen und dann ging es recht zügig ins Bett. Dafür waren wir für den nächsten Tag perfekt gerüstet was unsere Fitheit betraf: eine kleine Wanderung ans andere Ende der Bucht, inklusive der Besteigung des Berges am besagten Ende der Bucht. Es war auch wirklich schön, solange es durch Wälder ging, die sich in regelmäßigen Abständen veränderten und einen angenehmen Schatten spendeten. Dabei bemerkten wir, wie viele neue Hotels entlang der Bucht gebaut werden, was in Anbetracht der Tatsache, dass die meisten schon bestehenden Hotels noch nicht mal halbvoll sind, absurd scheint. Nach einer Weile trat man für das letzte Stück raus aus dem Wald und rein in Ananasfelder, die einerseits viel schwerer zu bewandern waren und uns andererseits keinen Schutz mehr vor der Sonne boten, wobei uns schmerzlich bewusst wurde, dass wir kein Wasser dabei hatten. Nach dem Erklimmen des Berges bzw. Hügels (der Ausblick war wirklich hübsch!) wollten wir einen anderen Weg zurück nehmen, irgendwie in Richtung Hauptstraße und die dann zurück laufen. Wir irrten allerdings recht lange durch die Gegend, wurden dann mit Hilfe eines Holzfällers in Richtung einer Schule gelotst, von der wir dann auch den Weg zur Hauptstraße fanden. Zu jenem Zeitpunkt waren wir aber schon so erschöpft und durstig, dass wir per Mitfahrgelegenheit hinten auf einem Pickup zurück nach Kalangala fuhren, wo wir uns mit Wasser eindeckten. Den Abend verbrachten wir dann mit viel Bier am Lagerfeuer, die Anwesenheit eines anderen Norddeutschen hielt uns recht lange wach. 

Entdecker;)

Endlich auf dem Hügel angekommen


Am nächsten Tag (es dürfte ein Dienstag oder Mittwoch gewesen sein) machten wir uns auf den Weg nach Kasese, zunächst mit einer Art Sammeltaxi nach Masaka, wo wir recht lange auf einen passenden Bus warteten. Abends erreichten wir dann mein bescheidenes Heim, wo wir die nächsten Tage verbrachten. Teilweise chillend, teilweise wandernd (wobei ich mir meinen Fuß kläglich aufrieb), Freunde von mir treffend, Essen gehend, meine Arbeit besuchend (die Farmer freuten sich wahnsinnig und legten spontan eine Sing-/Tanzeinlage für Paul ein)… halt das bescheidene Programm, dass ich in Kasese anbieten kann. 

Kilembe (bei einer Wanderung durchquert)


Paul war das dann alles doch schon zu entspannt, ihn hatte wohl mal wieder die ‚wanderlust‘ gepackt (Bitte stellt euch das Wort nun mit einem amerikanischen Akzent vor. Ich liebe es, wenn sie es sagen!), also waren wir dann beide froh, als wir Sonntag aufbrachen, um Hannah in Fort Portal zu treffen. Kurz nachdem wir uns in ein Matatu setzen erhielten wir allerdings eine SMS von ihr: ihr Gepäck sei verloren gegangen.  Nach kurzem Hin und Her wurde beschlossen, dass es am sinnvollsten sei, wenn sie einfach eine Nacht in Entebbe verbringen würde, um ihr Gepäck abends zu erhalten und am Montag nach Fort Portal zu kommen. Paul und ich fuhren trotzdem weiter nach Fort Portal, wo wir dann nachmittags zur Kyaninga Lodge fuhren, um dort zu schwimmen und uns abends mit Joseph und Jourdan (meine beiden Lieblingsamis) bei Dutchess zum gemeinsamen Pizzavernichten trafen. Am Montag entspannten wir dann die meiste Zeit an einem Pool, bis Hannah kam. Juhu!:) Wie ein kleiner Krebs kam sie angestapft, da ihre Sonnencreme nicht in ihrem Handgepäck war… Pech gehabt! Musste sie wohl mal Blasen werfen! Nach ausführlichem Gequatsche in unserem Hostel, wurde abends bei einer weiteren Pizza ausführlich weitergequatscht. Den Dienstag verbrachten wir hauptsächlich mit Sachen, die Hanni gerne machen wollte, z.B. zum TBG (ihrer damaligen Arbeitsstelle) und auch noch mal zur Kyaninga Lodge, um Matt dort zu besuchen. Während Hannah und Paul noch zwei weiter Nächte in Fort Portal verbrachten, fuhr ich noch am selbigen Abend nach Hause, um ein wenig Arbeiten zu können und eine kleine Pause zu haben. Auf der Durchreise zum Lake Bunyonyi hielten sie am Donnerstag zwar noch mal kurz für ein Frühstück bei mir an, ansonsten hatte ich aber circa eine Woche Ruhe, bevor ich nach Kampala gefahren bin und die beiden Geschwisterchen dort wiedergetroffen habe. Gekommen bin ich, um Paulchen Tschüss zu sagen und Papa willkommen zu heißen. In den letzten 1 ½ Tagen mit Paul, haben wir so typische Kampala-Dinge gemacht, wie z.B. beim Inder gegessen, Haare schneiden lassen (dabei hat sich der Friseur von Hannahs Schnitt inspirieren lassen, hab nun ähnlich kurze Haare wie sie), Cappuccino getrunken,… Als ich Paule nach einem Monat dann Tschüss sagen musste, war es zwar ein wenig traurig, aber nicht ganz so arg schlimm, weil ich gleichzeitig auch sehr Vorfreude auf Papa hatte, den Hannah und ich vom Flughafen abholten. 

Nächtlicher Blick auf den Taxi-Park (made by Hannah)



Ab hier möchte ich nun einfach Papas Reisebericht zitieren, wenn auch stark gekürzt (von 15 auf 8 Seiten, ist also immer noch eine Menge!). Einerseits, weil ich zu faul bin, um alles niederzuschreiben, andererseits, weil ich denke, dass es für euch auch sicherlich interessant sein dürfte, das Erlebte mal aus einer anderen Perspektive zu lesen! :) 

Bevor ich nun aber „das Wort an ihn übergebe“ möchte ich noch sagen, dass ich es mit allen dreien sehr genossen habe. Ich fand es sehr schön, ihnen alles zeigen zu können und mit ihnen zu quatschen, schon alleine, weil bei mir momentan natürlich ein paar wichtige Entscheidungen anstehen. Ich hab halt einfach eine tolle Familie!

Aus der Perspektive des Karsten R. 



Hinkommen


Ein herzlicher Empfang. Beide kurze Haare und gut gebräunt. Die 20 km Fahrt nach Kampala fühlten sich für mich dann wie ein großes Nachhause Kommen an. Prall von grünem Pflanzenzeug, von schwarzen Menschen, Lädchen, Werkstätten und frisch gestrichenen Häusern. Von der Wärme ganz zu schweigen. Gaanz anders als zu Hause. Gaanz. Wir landeten in einem ruhigen, von merkwürdigen Weißen besuchten Hostel, dem Backpackers, in einem Viererzimmer. Man konnte da gut schlafen, auch Duschen und Toiletten waren vorhanden. Zum Essen beschlossen wir aber in die Stadt zu fahren. Also nahmen wir zwei Bodas und ab ging der Höllenritt in die City von Kampala durch den Spätnachmittagdauerstau. Ich hatte das Gefühl, dass es noch voller geworden ist, von Menschen, Bodas, Ständen, Matatus und allem. Die inzwischen vorhandene Ampel wird großzügig zur Kenntnis genommen, aber von Polizisten konterkariert. Es gibt aber durchaus auch neue Halbhochhäuser und insgesamt ein Eindruck eines allmählichen Prosperierens hier wie auch im übrigen Reisegebiet.
Wir wackelten über Stufe und Stein, vorbei an Loch und Lücke, quer durch Autostaus und Bodapisten, um Mann und Frau zum Restaurant Olive, das in einem ruhigen Park liegt, bestellten uns Pizza und ein schönes Nile und konnten uns kurz vor dem Moment, in dem das Tageslicht seinen Rest gibt, auf den Heimweg machen, jetzt in völliger Finsternis. Mein Bodafahrer verlor irgendwann den Vordermann – an dieser Kreuzung stand eine große Straßenwalze mitten im Fahrzeugknäuel – und fand dann letztlich das Ziel nur mit Hilfe des großen Bodaclans. Dann gab es noch ein Bier als Absacker und ich schlief sehr gut unter dem Moskitonetz.
Das Frühstück war mit gutem Kaffee, einem Spanish Omelett und einem Huhn unterm Tisch. Dann hieß es drei Bodas aufzutun um zum Busbahnhof zu kommen. Das fühlte sich mit dem Rucksack auch nicht besser an, ging aber ganz gut. Immerhin nur ins Gewühl rein, nicht durch. Der Link-Bus fuhr schon nach 20 min los, Schlag 10 Uhr und erreichte Kasese kurz vor 5. Eine mich wieder sehr erfreuende Fahrt wegen der Eindrücke für die Augen, nicht für das Gesäß. Wir saßen Dritt-letzte-Reihe, unmittelbar vor den Plätzen für Leute ohne Schwellenangst. Auch so warfen uns die Bumper einige Mal in die Höhe. Auch an der public toilet in Mubende hatte der Fortschritt Einzug gehalten. Die Außenwand war frisch gestrichen.
Mit Bodas ging es dann zu Maries Wohnung, unter die Dusche und dann zu  Fuß 2 km durch die Stadt zurück ins Sandton zum Abendessen im gekachelten Innenhof in äußerst gemächlichem Servicetempo.
Wir hatten entschieden, dass wir erstmal versuchen zu dritt bei Marie zu schlafen, die beiden Damen in Maries Doppelbett mit Netz und ich auf doppeltem Boden mit Doxy. Ging ganz gut, so dass wir das beibehalten haben.

Mit Marie und Hannah am Fuß der Rwenzoris


Kasese ist eine im Wesentlichen einstöckige ausgedehnte Mittelstadt mit einem recht großen teilweise zweistöckigem Zentrum und breiten Asphaltstaubstraßen und nicht zu viel Verkehr, vielen vielen Ladenklitschen, ohne viel Licht in der Nacht, aber außerhalb des Zentrums auch viel Grün und blühenden Bäumen in vielen Farben direkt an den Rwenzoris, teilweise in die letzten Ausläufer hineinreichend, auf 1000 m Höhe nur ein paar Kilometer vom Äquator entfernt und voll mit Menschen. Die Rwenzoris bieten einen imposanten Anblick, wenn sie nicht gerade ihrer Funktion als Wetterscheide und Wolkensammler nachkommen.
Tag 1 begann mit einem zeitigen Aufstehen, weil Xavier, Manager für fishing farms  uns nebst einigen anderen zu einer Bootstour auf dem Kazinga-Kanal im Queens eingeladen hatte. Die Tour war auf 9 Uhr angesetzt und wir wollten auf jeden Fall pünktlich sein. So waren wir um halb acht an der Matatustation, wo wir das anwesende Gefährt dazu bewegen konnten, sich als bald auch zu bewegen und waren gegen halb neun da.
Der Treffpunkt war die Anlegestelle neben der Straßenbrücke über den natürlichen Verbindungskanal zwischen den Lakes Edward und George. Dort stand neben ein paar Hütten eine Fischmarktüberdachung, viele Männer am Wasser, Fische noch keine, Frauen wenig entfernt bei der Wäsche, Jugendliche die Wasser schleppten. Und selbstverständlich die überall zu Menschenansammlungen und Abfallorten sich hinzugesellenden Marabus schritten einhin und einher. Dann kamen auch Xavier, Kongolese/Belgier, ein sehr sympathischer selbstbewusster, freundlicher und kommunikativer junger Mann und eine Gruppe eher scheuer Franzosen. Wir warteten auf das Boot. Das Boot kam nicht. Gegen 10 gingen wir zu einer 20 m höher gelegenen hübschen Scheinrestauration, bestellten Kaffee und Tee, bekamen diesen um 11 und warteten. Die Sicht auf den Queens war gut, ein schöner Ort. Viertel vor zwölf ging Xavier mit den anderen los, Chapattis zu kaufen, da kam das Boot mit einem Fischerkahn im Schlepptau und voll von Leuten. Marie informierte ihn per Handy, wir gingen schon mal runter am Fischmarkt vorbei, auf dem inzwischen viele Catfishs, Tilapias und andere merkwürdige, teilweise sehr große Fische angeboten wurden. Die meisten der Bootsinsassen waren schon ausgestiegen, einige schöpften Restwasser aus dem Boot, feudelten die Sitzbänke und polierten die Reling. Dann ging es um halb eins los.
Zu sehen gab es ein paar Büffel, ein Babykrokodil und Seeadler in Fülle, am meisten jedoch Hippos. Dann kreuzte das Boot plötzlich auf die andere Seite, immerhin ein paar hundert Meter, weil der Späher Elefanten gesichtet hatte. Und wirklich kamen mehrere Großfamilien nacheinander ans Wasser, um sich zu erfrischen, mit den Ohren zu wackeln und sich aneinander zu reiben. Die Tour dauerte ungefähr eineinhalb Stunden. Nach Hause zu kommen war etwas mühsam, da diese Ecke besonders an Sonntagen sehr abgelegen ist und ein Matatu lange auf sich warten ließ. Dann kam eines, das zwar vollbesetzt war, aber wo 13 reinpassen, passen auch 16 rein.
Nach allgemeiner Duschung ging es dann zum Abendessen in das Spring International, einem über der Stadt gelegenen Hotel mit Pool, bunten Lichtern und zu lauter Musik. Dazu gesellte sich Maries beste hiesige Freundin Jourdan, eine junge amerikanische Jüdin mit viel Format und sehr anschaulicher Mimik und Gestik. Leider konnte ich ihre etwas knarrende Stimme im Musiklärm kaum verstehen und da es dunkel wurde auch ihre Mimik nicht mehr sehen. Es war trotzdem ein netter Abend. Danach ging es dann wieder rechtzeitig in die Federn.

Bootbesetzung

Ein Teil der Elefanten (made by Hannah)


Zweiter Kasesetag – We’re invited in the office


Zunächst Frühstück. Marie machte für mich Guacamole, Hannah einen Obstsalat aus Ananas, Banane und passion. Außerdem gibt es hier auch guten regionalen Arabica-Kaffee, also auch morgens aus der Presskanne. Um die Mittagszeit gingen wir los und nach ein paar Einkäufen gingen wir dann ins Jambo, einer baptistischen Frauenkooperative,  zum Kaffeetrinken und Kuchenessen. Im Anschluss daran wackelten wir durch die doch recht tropische Mittagshitze zu einem Besuch von Maries office, zu dem uns Emmanuel eingeladen hatte. Mary, Maries – die hier übrigens aus praktischen Gründen Maria heißt – Kollegin brachte das Gästeessen: eine Matooke (Kochbanane), eine halbe Süßkartoffel, eine irish potato (normale Kartoffel) und leckeren Krautsalat für jeden, dazu zum Runterspülen Wasser. Wir haben unser Bestes getan. Emmanuel ist von Marie sehr angetan und lobte sie in höchsten Tönen. Ich glaube, dass Marie in der Zeit, die sie für Bio Gardens investiert, sehr effizient ist, neue Ideen entwickelt und für ihn in Gesprächen ein gleichrangiges Gegenüber ist. Nach einer Dreiviertelstunde sind wir wieder gegangen und haben noch etwas eingekauft. Marie ist dann ins Gym, Hannah und ich haben einen leckeren Salat gemacht, dann mit Marie verspeist und wieder ging es früh unter die Tücher.

Mit Hannah auf den Zehen der Rwenzoris


Hannah und ich hatten eine Wanderung geplant. Marie wollte Sachen für Bio Gardens erledigen. Also fuhren wir mit einem Boda etwa 15 km nach Kilembe. Das Tal war von einem über Steine und Felsen rauschendes Flüsschen geprägt, nach kurzer Zeit nervte kein Stadtmüll mehr, sehr friedlich, sehr ländlich, sehr fruchtbar.
Kilembe ist in den 60ern aus dem Tal gestampft worden, weil eine Kupfermine ausgebeutet werden sollte. Alle Häuser sind nach einigen ganz anderen Stilen erbaut worden. Einige muteten skandinavisch an, andere wie Kleinreihenhäuser. Allerdings ist die Mine seit 30 Jahren stillgelegt und übrig blieb eine durchaus reizvolle Industrieruine. Wir haben einen Teil des alten Geländes abgelaufen, uns über einen Bach mit kupferspangrünen Steinen gefreut und sind in einen alten Stollen eingedrungen.
Wir gingen dann weiter das Tal hinauf, die Straße lief aus, wir nahmen einen steilen Fußsteig und folgten ihm bis zum Ende der Welt, also bis knapp über die Grenze des Nationalparks. Es ging immer wieder steil hoch, fruchtbare Felder, Bauernstellen, die Pflanzen auf der gegenüberliegenden Talseite in diesem kontrastreichen, von Wolken gefiltertem Licht  grünschwarz. Einige Waldarbeiter wollten uns Schnaps verkaufen, wir aber nicht haben.
Zurück nahmen wir zunächst eine etwas andere Route, einen von diesen kleinen Fußpfaden, dann aber wieder die Straße. Es fing an etwas ernsthafter zu regnen und als wir in den Marktbereich des Oberdorfs kamen, sah ich viele der Leute hier, die sich an die Hauswände drängten, um dem Regen zu entgehen. Ein Boda fuhr uns im Leerlauf nach Kasese runter.
Für abends hatte Marie ein Date zum Essen in einer Jung-Leute-Open-air-Restauration etwas außerhalb des Zentrums ausgemacht. Wir kamen im Dunklen an, es lief laute Musik, dann kamen noch Sasha, Sri Lanker, der in einem Projekt für handicapted people arbeitet, wesentliche Merkmale eines hyperaktiven Menschen ausgeformt hat und sich auf keinen Fall die Butter vom Brot bzw. die Fleischstückchen vom Teller nehmen lässt. Er hat wohl eine Menge unschöne Bürgerkriegserfahrung und daraus seine Lehren gezogen. Außerdem fanden sich noch Xavier und Thomas ein. Wie gesagt, die Musik lief laut, die Sicht war etwas besser als auf Jourdan, da Sasha Maries Kopflampe zum Essen aufhatte und damit regelmäßig alle beleuchtete, verstanden hab ich nichts, gesehen viel. Nach zwei Bier ging es wieder heim ins Bett, wie immer nicht zu spät.

Mit dem alten Allradzossen Richtung Süd


Der von uns ausgeliehene Landcruiser mit den Rissen in der Frontscheibe und dem Elefantenfänger vorne hatte seine beste Zeit schon länger hinter sich, den Fahrersitz rechts (Linksverkehr!!), aber glücklicherweise eine Automatik, zuschaltbaren Allradantrieb, voll fette Reifen und ein schlabberiges Lenkrad. Der Linksverkehr machte Marie, die ausschließlich gefahren ist, nichts aus. Schwieriger war es, mich mit ihr auf ein Tempo zu einigen, das ihrem Spieltrieb noch ein bisschen und meinem Komfort- und Sicherheitsgefühl im Wesentlichen entsprach. Am Äquator hielten wir an und machten obligatorische Fotos, z.B. wie Marie und ich gleichzeitig in Gegenrichtung die Halbkugeln wechseln. Hemisphere hopping. Haben wir erfunden. Macht uns reich. Hinter der Brücke über den Kazinga Channel begannen 10 km Schlaglochpiste, trotz großen Bemühens Maries tat mir der Wagen manchmal leid. Ein einsamer Elefant stand links am Wegesrand, ein großes Buschfeuer verqualmte den Südosten. Dann wurde es wieder hügelig, die Straße besser und wir erreichten nach 70 km unser Ziel, das Kalinzu Forest Reserve. Wir nahmen einen Guide und wackelten zwei Stunden durch den vielfältigen Sekundärwald. Bäume, Pilze, Schmetterlinge, eine Spitting Kobra oben im Geäst, Schimpansenkacke. Hohe Bäume mit wenig Unterholz, kleinere mit viel Dickicht umzu, eine Menge Biomasse auf dem Boden. Mal wieder ein schöner Gang. Diese Wälder sind auf den ersten Blick nicht spektakulär, ihr Reiz erschließt sich erst beim Durchstreifen.
Zurück umfuhr Marie die Löcher schon deutlich versierter. Zum Abendessen wollten wir wieder ins Sandton. Da gab es keine Musik und sogar Innenhofbeleuchtung, wenn sie nicht gerade ausgefallen ist. Kaum hatten wir bestellt kam Nick dazu. Er ist ein paar Jahre jünger, Zentimeter größer und Kilo und Dollar schwerer als ich, in leitender Position in einer Kobaltgewinnungsfirma. Seit 9 Jahren in Kasese, viel gereist, noch mehr gesehen, ziemlich gelassen, nicht rassistisch, weißer Südafrikaner, sympathisch. Im Sommer will er seinen langjährigen Traum, das Eight Days Central Trail Trecking der Rwenzoris mit Mt. Margherita (5150 m) realisieren und hat als Begleitung dazu Marie, Jourdan und Rehema, eine Uganderin, eingeladen. Um dafür fit zu sein, treffen sie sich regelmäßig im Gym.
Zwischenzeitlich tauchte kurz Joseph, Amerikaner aus Boston, auf, der beruflich in Kasese zu tun hatte und im Sandton übernachtete. Ich konnte ihn nicht gut verstehen, zu weit weg von mir und dann dieses Ostküstengeknarre. Ein flotter junger Kerl, der viel zu erzählen weiß und ziemlich müde war. Was mich auch mehr faszinierte: im Innenhof versammelten sich 6 junge Frauen mit langen Haaren und langen Röcken und drei schlacksige junge Männer verschiedener Hautfarbe, eskortiert von zwei mütterlichen Frauen und zwei Männern, die mit zwei Ugandern verhandelten. Die Jugend gab die Pässe ab und hatte damit die Möglichkeit der Flucht verwirkt. Eine Drückerkolonne im Namen des Herrn.

Unser Allradzosse

Hemisphere hopping ;) (made by Hannah)

Kalinzu Forest Reserve (made by Hannah)


Wadis sind Straßen – Straßen sind Wadis. In der Trockenzeit.


Kurz nach 9 ging es los. In dem alten Spritsäufer und Staubfahnenschmeißer. Diesmal in den Norden Richtung Fort Portal zu den Crater Lakes. Der Dieselbedarf ist präzise berechnet, muss reichen. Die „Straße“ ist laut Bradt Guide Uganda ‚a poor road‘. Das ist geschmeichelt. Ideal nur für seiltanzende Bodas. Maries Krafttraining der Arme und die enorme Bodenfreiheit vom Zossen zahlten sich aus. Sie kurbelte und peilte den besten Kurs aus. Ich unterstützte sie in Zweifelsfällen. Und mir kamen angesichts des immer wieder deutlichen Aufheulens des Getriebes der Verdacht, dass sich meine Spritberechnung als Illusion erweisen könnte. Aber der Landcruiser machte seinem Namen alle Ehre. Mieseste Schlammlöcher und übelste Kuppen nahm er mit der Gelassenheit eines Treckers und wir hatten noch nicht mal den Allrad angeschaltet.
Schließlich erreichten wir unser Ziel, die Ndali Lodge. Erst wollten wir aber von der 1 km entfernten Kifuruka Camp Site eine Wanderung zum Mukoma-Wasserfall unternehmen. Wir heuerten einen netten und nicht mundfaulen Guide namens Noah an und durchwanderten drei Stunden diese für mich wirklich dem Garten Eden gleichende Landschaft. Es ging vorbei an den Lakes Kifuruka und Rukwanzi, durch Bananengärten mit Bohnen und anderem Gemüse als Bodendecker, einem Reisfeld auf einer Hügelkuppe!!, Hütten, Kindern, Bäuerinnen und Bauern, Bierhirse, Bierbananen, Feldern aus schwarzer Vulkanasche, Hühnern, Enten, Schweinen, Ziegen, Yams, Süßkartoffeln, Kartoffeln, Cassava, …, bunten Vögeln und Schmetterlingen. Dann der Abstieg zum Wasserfall. Das Wasser sprang über mehrere Felsblöcke mächtig in die Tiefe. Marie kletterte 10 m hoch, ihn komplett zu überschauen. Hannah glippte aus, saute sich die Hose hinten grün und nass ein, zog sie aus, wusch sie und ging dann mit nasser Hose auf den Rückweg.
Zurück in der Lodge gab es Fruitcocktail juice für alle, Sandwich und Fruchtsalat verteilt. Ein völlig entspannter Platz, sehr leise sprechendes Personal, keine Motoren weit und breit, Lake Nyinambuga zu Füßen, diverse bunte Vogelarten wechseln sich ab, exotische Blüten für Augen und Nase, still stehende Zeit. Zurück wollten wir noch etwas Neues sehen und fuhren eine schöne Schleife über Kasenda am Lake Mututsi und Lake Murigamire vorbei. Die Piste war inzwischen noch mehr Bach und Tümpel als vorher und unsere Bedenken wegen der Tankfüllung wuchsen. Einmal geriet der Zossen ins Driften, aber Marie fing ihn souverän ab, einmal sprangen ihr zwei Ziegen vor den Kühler mit den dicken Rohren, aber sie reagierte sehr reaktionsschnell – das Reifen auch auf Schotter quietschen können, war mir neu. Nach diesem ihrem bravourösem Ritt erreichten wir schließlich wieder Rwarkwenzi und 10 km weiter die Hauptstraße und 4 km weiter eine Tankstelle, wo wir 5 Liter nachfassten. Eine halbe Stunde später endete diese für alle anstrengende Tour.


Wasserfall mit einer kletternden Marie

Die Ndali-Lodge

Einer der Kraterseen

Besuch beim Bio Gardens Training


Nach dem zur Gewohnheit gewordenen Frühstück – die Mädchen hatten Obstsalat  aus Ananas, Passion und Banane, ich Tomate, Avocado, Gurke, Obst und Röstbrot – und entspanntem Morgen brachen wir um halb 11 auf, um mit zwei Bodas zum wöchentlichen Farmertraining zu fahren. Der eine Fahrer kannte Marie und nannte sie Mariam. Eben eine schillernde Persönlichkeit. Die Fahrt ging erst einige Kilometer Richtung Queens auf der Hauptstraße, um dann rechts hinauf in die Hügel zu steigen. Zuletzt nahmen wir Fußpfade durch Felder. Die Bodas scheinen die Esel von damals zu sein.
Schließlich stoppten wir vor einem größeren Steinhaus in einem Garten, wurden wieder sehr herzlich von Emmanuel und einer der Farmerinnen begrüßt und in das Haus gebeten, dessen Türen übrigens Usedomer Verwandte von uns gesponsert haben.
Der Raum war etwa 8x8 Meter groß, keine Fenster, Licht kam durch die offene Tür, Lüftungsöffnungen in der Wand und durch den Spalt zwischen den Blechplatten der Dachbedeckung und den Wänden. Das Versammlungshaus ist noch neu, es wurde 2009 angefangen zu bauen und noch nicht ganz fertig. An den Wänden saßen knapp 30 Frauen, ein Kleinkind und 3 Männer, alle schick angezogen, meistens traditionell gemustert und gewickelt, aber auch mit Rock, Bluse, Blazer und Pumps. Es wären recht wenige members da, sagte Emmanuel, da zurzeit Pflanzzeit wäre.
Emmanuel führte uns dann erstmal durch den etwa 3 Ar großen Garten, zeigte uns eine Reihe Heilpflanzen und benannte ihre Heilmöglichkeiten. Danach ging es im Haus mit dem normalen Trainingsproramm weiter. Eine der Farmerinnen ging in den Garten, holte von vier unterschiedlichen Pflanzen Blätter oder Stängel und erklärte ihre heilende Wirkung. Dann erhoben sich andere, die diese Pflanze auch kannten und ergänzten dies mit ihren Erfahrungen zu Anwendungen. Diese Informationen werden normalerweise mitgeschrieben, um so ein umfassendes Bild der traditionellen regionalen afrikanischen Medizin zu erstellen.
Nach dieser Runde ging bei den Frauen ein fröhliches Geplänkel los, sie wollten für uns singen und tanzen. Der Gesang war zweistimmig afrikanisch mit Soloparts und wurde durch eine Perkussionistin  begleitet: mit Hand und Gabel auf einem Wasserkanister, einfach, aber mit komplizierten Wechseln. Ich fühlte mich in dieser Musik sehr zuhause.
Jetzt kam die savings-Runde. Alle members gaben etwas Geld  - 100 bis 1000 Ush, 3 bis 30 Ct -, dies wird notiert. Aus diesem Topf kann dann gegen einen geringen Zinssatz Geld für die Landwirtschaft geliehen werden. Die Zinsen werden dann jährlich wieder an alle ausgeschüttet. Zu dieser ersten kam später noch eine zweite savings-Runde, diesmal für die Familie. Bevor sie startete, verabschiedeten wir uns von diesen freundlichen, zugewandten und ernsthaft an diesem Projekt interessierten Menschen, um uns zu Fuß auf den Rückweg nach Kasese zu machen.
Mir erscheint Bio Gardens nach diesem Besuch ein sehr sinnvoller realitätsnaher Versuch zu sein, einerseits traditioniertes Wissen zu bewahren und einer Vertiefung zugänglich zu machen und andererseits letztlich den Kindern der Farmerinnen und Farmern durch den Anbau von Heilkräutern eine Zukunftschance ohne Stadtrandslums auf der globalisierten Erde zu geben. Dazu kommt dies ziemlich gute System der Mikrofinanzierung, so dass auch gegenwärtige Interessen bedient werden können. Noch auf dem Rückweg beschloss ich, mich für das Fundraising einzusetzen. Der führte uns immer am Hang lang mit Blick auf den Queens durch Felder – viel Baumwolle –, dann durch ein Eukalyptuswäldchen auf Kasese zu.
Es war sehr sonnig und sehr warm in der tropischen Nachmittagshitze, als wir dann durch ein Neubauviertel Kaseses am Hang des Hügels kamen. Häuser in allen Baustadien, vom bereits seit längerem ausgehobenen Fundament bis zu alles gerade fertig, eine positive Entwicklung aufzeigend. Wir stiefelten also runter in die Stadt, am ersten Supermarkt gab es Wasser und kurz darauf in unserem Stammkaffee Jambo Kaffee, Saft, Rolex, Früchte und Pfannkuchen.  Marie ging dann nach Hause, Hannah und ich wackelten noch bei klarster Luft und entsprechenden Brandfaktor durch die City und kauften für das heimische Abendessen ein.

Zuhörende Farmer...

...und tanzende Farmer


Die Tannacomp am Pool


Der Morgen begann für mich sehr früh, da mein Bauchgehirn leichte Störungen im Verdauungstrakt meldete. Wir hatten aber sowieso nicht vor zu frühstücken und wollten um 9 mit Sasha nach Fort Portal fahren. Sasha durchkreuzte die Landstraße ohne Scheu mit seinem Dienstlandcruiser, der in einem deutlich besseren Zustand als der Zossen war, an Bord Xavier und Thomas, die Belgier. Angekommen nahmen Hannah und ich Bodas zum Yes-Hostel, etwas außerhalb gelegen in einer Landschaft, die mich an Holstein on dope erinnerte. Wir ließen unsere Sachen da und gingen zum Mountains of the Moon, jenem großen schönem Hotel mit Park and pool. Ich lag den den Rest des Tages überwiegend warm angezogen auf Liegen im Schatten rum, mit unschönen Muskelschmerzen überall und zwei leichten Fieberschüben, während sich die Jugend mit Schwimmen und sonst was die Zeit vertrieb. Marie kam bald dazu, Thomas war schon da, ab 1 auch Xavier und Sasha, der immer für eine Aktion gut ist, z.B. Marie ins Wasser zu schubsen, dann auch Joseph und noch ein Pärchen aus Kasese. Hannah, Marie, Marian und Joseph waren mit ihnen [den Kasese-Jungs] zusammen im Dutchess Pizza essen, haben dann noch im Yes draußen gesessen und sind um 10 rum eingebettet.

Hiking etwas wackelig und Abschied


Beim Aufwachen fühlte ich mich gesund, das verging dann aber doch, aber letztendlich immerhin zu 85%. Es regnete allerdings in Strömen und war saukalt. Irgendwann gegen Mittag hörte der Regen auf und wir trafen uns zu einer Wanderung zur Kyaninga Lodge am gleichnamigen Crater Lake, von der wir schon vor drei Jahren begeistert waren, als sie noch im Bau war.  Zunächst durch üppige Villen, auch neue dabei, wenige Schritte später ein Dorfzentrum wie vor 100 Jahren mit Ausnahme der Werbung und des Lautsprechers, der wie so oft hier alles beschallte. Die Täler ziemlich nass, ziemlich viel Rinder hier, die beliebte Ankole-Holstein-Mischung. Nach einer Stunde waren wir an der Kante, ich erholte mich erstmal, während die anderen schon runterstiegen. Nach 10 Minuten folgte ich ihnen, steil, rutschig, teilweise nass, bis zu einer Badestelle, die aus Felsen und einem umgestürzten, wie ein sehr schräger Steg bis ins Wasser führenden Baum besteht. Wunderbarer Ort, klarstes Wasser, viele Libellen in vielen Farben, Schmetterlinge, im Hintergrund unterhielten sich leise Affen. Hannah und Marie schwammen quer rüber und zurück, ein tüchtiges Stück, Joseph kürzer. Er entpuppte sich mir immer mehr als positive Erscheinung, hat etwa meine Größe, aber nicht meine Figur, schöne hellblaue Augen, steht auf der richtigen Seite und arbeitet in einem US-Aid-Projekt. Wir beschlossen dann, dass Hannah und ich oben rum zur Lodge auf der anderen Seite des Sees gehen und Joseph mit Marie einen schönen, aber kraxeligen Hike unten rum machen. Allmählich zogen sich wieder dunkle Wolken zusammen und als es nach einer Stunde zu schütten begann, waren Hannah und ich schon lange mit unserem passion juice fertig, die beiden anderen kamen mit den ersten dicken Tropfen in die Lodge. Auch dieser Schauer ging vorbei, Joseph orderte zwei Bodas aus Fort Portal, die Piste war schon fast wieder trocken und wir hatten ein Hannah-Abschiedsessen auf dem Terrassendach der Sunrise Appartments. Leider waren Wolken vor den Rwenzoris, dafür hatten wir fast Vollmond und Nebelschwaden zwischen den Vorhügeln.

Ein bisschen chillen (made by Hannah)

Durch die Hügellandschaft Fort Portals wandern (made by Hannah)

Im Kyaninga Lake schwimmen (made by Hannah)

Der wunderschöne See (made by Hannah)

Abendessen


Am Morgen kurvten wir per Boda zum Frühstücken ins Dutchess, ein von einem holländischen Paar betriebenen Hotel und Restaurant. Es schien so, als ob wir länger warten müssten, da sie gerade keinen Strom hatten, dann ging es aber doch recht zügig. Wir begleiteten Hannah zum Bushalteplatz von Link, sieh da, ein Bus stand da, mit der Abfahrt war bald zu rechnen. Obwohl ich Hannah ja schon in einer Woche wiedersehen würde, war ich schlagartig traurig, als wir uns verabschiedeten.
Wir beide übriggeblieben gingen zur Matatustation, auch hier stand eins bereit, wir saßen hinten und bald ging es los. Wieder in Kasese gingen wir erstmal nach Hause, ich duschte mich, sprach mit Marie ein erneutes Mal über ihre Berufspläne – das ist für sie wirklich schwer –, ließ sie frustriert und Film guckend zurück und ging dann gegen drei in die Stadt. Empfand schließlich das ganze Zentrum als einen einzigen Basar und Markt voller prallen Lebens, wuseliger Organisiertheit und viel ugandischer und uriger als das, was Fort Portal bieten kann.
Unser Abendessen war diesmal im Friend´s Corner, einem parkartigen Gelände zwischen zwei Straßen, wo es Bier und Chips ohne Geflügel für uns, mit für Nick, Xavier, Sasha und Thomas gab, die sich da an einem typisch lauen Kaseseabend miteingefunden hatten. Es gab einiges zu erzählen, besonders von Sasha in seinem laut krakeelendem indischen Englisch, der von der Party mit allen Crashs in Fort sehr begeistert war und unbedingt die nächste machen will. Nick nahm eine größere Ration Chicken and chips für seinen Hausgeist Moses mit, für dessen Kinder er das Schulgeld bezahlt und dem er in einem Jahr noch ein Auto zu weiteren Sicherung seines Lebensunterhaltes als Abschiedsgeschenk übergeben will. Marie hat schon einen guten Freundeskreis.

Allein mit Marie


Den Dienstag ließen wir entspannt und ziellos angehen. Rumsitzen, tippen, reden, gucken. Schließlich ging es ins Zentrum, Bluse umnähen lassen, Jambo aufsuchen und Nachfrühstücken, Hemd abholen, Stoff für Marie kaufen, Auto buchen, Abendessen besorgen. Angerichtet haben wir einen Tomaten-Avocado-Salat und ein Bauernfrühstück alla Kasese. Die Luft war abends schwer, staubig, schwül und es zog dann ein heftiges Gewitter über den Queens, in der Nacht hat auch hier ein Schauer die Luft gründlich gereinigt. Nach einem Absackerbier sind wir früh ins Bett gegangen, da wir ja am nächsten Morgen um 6 oben an der Ecke stehen wollten, damit unser Fahrer uns einladen konnte.
Im Dunkeln ging es dann bis zur Parkeinfahrt und unser Driver steuerte ziemlich straight die Löwensippe an, 1 Senior, 4 Damen und 2 Junge, etwa 200 m entfernt und durch mein kleines Fernglas gut zu beobachten. Außerdem gab es auf der Fahrt noch Kobs, Büffel, Warzenschweine und andere Gazellenartige zu sehen, daneben sehr! viele Vögel, Kronenkraniche, Perlhühner, Frankoline, Ibisse, ein Falke, bunte kleinere und kleine, Steppenkiebitze… Der nächste Haltepunkt  war die salt pan, ein kreisrunder Krater in dem die community Salzfelder angelegt hat. Das Ende der Straße erreichten wir in Kasenyi, einem nur knapp über dem Niveau des lake george sehr armen, aber menschenreichen, urtümlichen, recht schlammigen Dorf, in dem alle Häuser aus Lehm bestehen, krumm und schief sind und durch das alle Safarischlitten mit fotografierenden Touris fahren, dass es einem weh tut.
Dann ging es in den Westteil immer nahe des Kazinga-Channels entlang auf der Suche nach Elefanten, die wir ziemlich spät auch fanden, aber weit weg. Entschädigt wurden wir durch einen Nilwaran von über 1,20 Länge und von einer Gesellschaft Streifenmangusten, die Hannah sehr gefallen hätten, obwohl sie fast gar keine Ohren und nur kleine Augen hatten. Unser Lunch nahmen wir in der Mega- Mweya Safari Lodge ein, so richtig großkotzig. Der Kellner war nett, die Preise europäisch und eine weitere Mitten-in-Afrika-Facette.
Wir waren um halb vier wieder bei Marie’s, nun werden die letzten Vorbereitungen für meine Weiterreise getroffen, schmal zu Abend gegessen und morgen geht es zum Lake Mburo, Zebras gucken, übermorgen für zwei Nächte auf die Ssese-Inseln, Marie hat für mich vorgebucht, weil die Inseln zu Ostern ein hot spot sind und schon lasse ich die Südhalbkugel hinter mir und läute das Frühjahr in Osterbruch ein.

Salt Lake

Büffel und Ugandan Kops

Streifenmangusten :)

Nunja.. der Nationalpark!