Freitag, 19. April 2013

Maries „Immer-wieder“-Tag



Einen Blog-Eintrag über meinen Alltag wollte ich schon sehr lange schreiben, im Grunde genommen, seit ich hier bin. Ich dachte immer: sobald sich bei mir ein Alltag eingestellt hat, wird ein Blog-Eintrag darüber geschrieben! Das Problem ist nur, dass sich bis heute eigentlich noch kein richtiger Alltag bei mir eingespielt hat. Schon alleine, weil meine Arbeit jeden Tag anders aussieht. Mal arbeite ich zu Hause, mal arbeite ich im Office, mal arbeite ich ganz woanders und manchmal arbeite ich gar nicht. Trotzdem habe ich ja auch meine paar Rituale, die jede Woche die gleichen sind und irgendeine Art Struktur habe ich ja auch in meinen Tagen. Also kommt hier trotzdem ein Eintrag über den Alltag  "Immer-wieder“-Tag. 

8.00 Uhr: Ich stehe auf. Meistens zu einem penetranten Piepen meines Weckers (wie ich es hasse, nichts ist befreiender, als sich abends keinen Wecker stellen zu müssen). Beim verschlafenen Rausrollen aus meinem Bett bleibe ich immer mit irgendwas im Moskitonetz hängen (meistens mit irgendeinem Ohrring/Piercing). Ventilator - zum Einschlafen notwendig - ausstellen und auf geht es: Wasserboiler anmachen! Während der Wasserboiler also für das Aufwärmen meines Wassers zuständig ist, nutze ich die 10 – 15 Minuten, die er dafür braucht, um mein Frühstück vorzubereiten. Wasser für den Kaffee wird auf meinem Gaskocher gekocht, ich schneide schon mal das Obst. Dann geht es mit hoffnungsvollem Bangen unter die Dusche: wird das Warmwasser willens sein, aus dem Hahn zu kommen? Wird überhaupt irgendeine Art  von Wasser aus dem Hahn kommen? Inzwischen überliste ich das Warmwasser aber heimtückisch; aus irgendwelchen Gründen funktioniert es manchmal erst, nachdem ich das Kaltwasser aufgedreht und wieder abgedreht habe. Aber selbst wenn es dann funktioniert: mit meiner Dusche ist es nahezu unmöglich das Kalt- und Warmwasser vernünftig zu regulieren, weshalb der folgende Textausschnitt hervorragend passt:  


Das Wasser tropfte launisch aus dem Rohr, war einmal viel zu heiß und gleich darauf eiskalt, kein fester Strahl, ich stand gefoppt in meiner Nacktheit da, ich trocknete mich ab und blieb doch nass von neuem Schweiß.  
Erich Wolfgang Skwara - Zerbrechlichkeit


Nach dem Duschen wird dann gefrühstückt. Zwei Tassen Good African Coffee und Fruchtsalat: Bananen, Passion Fruit und ab und zu gönne ich mir den Luxus dem noch Rosinen hinzuzufügen. Gerne hätte ich auch andere Früchte in meinem Obstsalat, aber Bananen und Passion Fruits sind die einzigen Früchte die mir nicht verschimmeln. 

8.45 Uhr: Schnell Computer und Notizbuch in meine Tasche stopfen und auf geht es zum Office. Um Geld zu sparen und die noch angenehme Temperatur zu dieser Zeit zu genießen laufe ich die Strecke meistens. Es gibt einen Weg, der nicht durch die Stadt führt, sondern durch Felder. Sehr viel angenehmer, da schöner und ruhiger, weil dort weniger Leute sind und Leute ja grundsätzlich potentielle Anquatscher sind: „Mzungu, how are you?“ – „I’m fine, how are you?“ – „I’m fine. How is your day?“ – „I don’t know, the day just started“. Das ist die ideale Kommunikation. Man muss aber sagen, dass man grundsätzlich nicht für solche Unterhaltungen anhält. Man geht einfach weiter, was zur Folge hat, dass man die Hälfte der Unterhaltung irgendjemandem entgegenschreit oder hinterherbrüllt. Viel mehr freuen tue ich mich aber, wenn Leute nur ihre paar Phrasen können (obwohl das nicht sonderlich viele sind, der Durchschnitts-Ugander spricht ausgesprochen gutes Englisch) und diese dann wild durcheinander wirft. Das kann dann so ablaufen (ohne, dass ich davor was gesagt habe): „Thank you, I’m fine.“ - „Oh that’s good. I’m fine as well.“ – „How are you, Muzungu?“ – „I’m still good!” – “Eeeeh!”.

9.00 Uhr: Zu dieser Uhrzeit sollte ich im Office sein. Bin ich aber meistens nicht, da das Office in der Hälfte der Fälle noch abgeschlossen ist, wenn ich rechtzeitig dort bin. 

9.15 Uhr: Realistische Ankunftszeit. Nun sitze ich also eine ganze Weile im Office und arbeite die meiste Zeit am Computer, unterhalte mich mit Emmanuel und Mary über irgendwelche Pläne für die nächste Zeit, trinke zwischendurch Tee mit ihnen und mache halt so das, was anfällt. Wenn ich grade nicht wirklich viel zu tun habe, ist das auch die Zeit, in der viele Blog-Einträge oder Mails entstehen. 

Zwischen 12.00 und 14.00 Uhr: Arbeitsende. Das hängt komplett davon ab, wie viel zu tun ist, oder ob Emmanuel noch was anderes zu tun hat und deshalb das Office abschließen muss. Aber selbst wenn ich noch was zu tun habe, gehe ich zu dieser Zeit meistens nach Hause, da ich lieber zu Hause arbeite. Kein Radio mit religiösen Liedern auf Luganda, keine Kollegen, die die ganze Zeit schnacken wollen. Auf dem Rückweg laufe ich zumeist durch die Stadt um beim Post Office nach Post zu fragen, Miete zu bezahlen, Lebensmittel auf dem Markt zu kaufen (Bananen-Nachschub!) oder irgendwelche anderen Sachen zu erledigen. Zu Hause angekommen gibt es dann ein kleines Mittagessen (meistens Tomatensalat – ich weiß, ich bin nicht sonderlich abwechslungsreich, was Frühstück und Lunch betrifft), bevor ich entweder weiterarbeite, lese, Musik höre, einen Film schaue oder andere „ergiebige“ Sachen treibe. Kommt auch immer darauf an, wann ich nach Hause gekommen bin und wie viel Zeit ich noch habe.

17.00 Uhr: Sportzeit! Am Montag, Mittwoch und Freitag bedeutet das, dass ich mich um diese Uhrzeit auf den Weg zum Gym mache, wo sich Jourdan (immer), Nick (in der Regel) und Rehema (manchmal) dann um 18 Uhr auch dazugesellen. Aber auch an den anderen Tagen mache ich zu dieser Uhrzeit meistens irgendeine Art von Sport. Und nein, ich bin nicht zum Bodybuilder geworden, wir trainieren für den Aufstieg auf den Margaritha Peak. Dieser Aufstieg wird vom 31. Mai bis zum 7. Juni sein und es wird gemunkelt, dass man dafür ziemlich fit sein sollte. Außerdem ist Sport mit anderen Leuten doch auch wirklich lustig, vor allem, weil man dann bei anderen sieht, wie albern die Übungen ausschauen, die man so macht. Oder was für schöne Fratzen sie ziehen, wenn sie Gewichte stemmen. Und weil man zwischendurch zu 80er-Jahre Musik lostanzen kann.  

Zwischen 19.00 und 19.30 Uhr: Fertig gesportelt. Was nun passiert, hängt immer vom Tag ab. Aber immer dusche ich erstmal (entweder bei mir, bei Jourdan oder bei Nick, je nach Planung) und danach treffe ich mich eigentlich jeden Abend mit irgendwelchen Leuten. Dienstag ist zum Beispiel fester Mädchen-Abend, an dem Jourdan und ich (manchmal auch noch Rehema) gemeinsam kochen, Wein trinken, Spiele spielen, quatschen und/oder einen Film gucken. Wenn Rehema anwesend ist, bringe ich ihr auch noch ein wenig Deutsch bei. Das mache ich auch am Donnerstag, da sie ein Stipendium für die Uni in Basel bekommen hat. Bald wollen Jourdan und ich vor unseren dienstäglichen Mädchenabenden (und vielleicht auch donnerstags) eine Art Sportprogramm für Mädchen anbieten, da Mädchen zumeist nicht wirklich ermutigt werden Sport zu treiben. Das werden dann vermutlich einfach irgendwelche lustigen Spiele sein, bei denen man sich viel bewegen muss. Soll dann immer für eine Stunde auf einem Sportplatz in der Nähe unserer beiden Häuser stattfinden. Außerdem möchten wir so etwas wie einen Schreibzirkel für Mädchen starten, das wäre dann an Freitagen. Mal gucken, ob wir beides umsetzen werden.
An den freien Abenden treffe ich mich dann mit den anderen Leuten aus Kasese (so gegen 20.00 Uhr, um das Zeitsystem hier mal nicht aus den Augen zu verlieren). Meistens bedeutet das Essen gehen, Pool spielen, Pokern, bei jemandem kochen oder ähnliches. 

Ab frühestens 21.30 Uhr (meistens aber später) bin ich wieder zu Hause. Die Zeit, die mir dann noch bis zum Schlafen gehen bleibt nutze ich meistens für die Kommunikation mit Freunden über Internet oder zum Lesen. Die Zeit mag ich, weil es dann kühler wird, ich meine Fenster sperrangelweit aufmache und die Luft reinlasse. 

Zwischen 23.00 und 24.00 Uhr: Ventilator an, Moskitonetz feststopfen und aufs Ohr hauen!

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