Hier ein Blog-Eintrag über ein etwas alltäglicheres Thema:
dem Public Transport. Klingt langweilig, ist es aber nicht. Und dazu ist es
sogar noch recht wichtig, in Anbetracht dessen, dass die Ugander viel mehr von
öffentlichen Verkehrsmitteln abhängen als „wir Deutschen“, da die meisten Leute
keine eigenen Autos haben. Im Folgenden werde ich mich einfach mal von groß
nach klein arbeiten: Bus – Matatu – Bodaboda. Diese Verkehrsmittel dürften wohl
so ziemlich die wichtigsten sein.
Der Bus
Die Busse sind für lange Strecken die angenehmste Wahl. Sie
fahren recht zügig durch und halten eigentlich fast nur in den größeren Städten
an, nur zwischen Fort Portal und Kasese wird nahezu überall angehalten, da auf
dieser Strecke sonst nicht genug Fahrgäste wären. So braucht man für die 375
Kilometer von Kampala nach Kasese in der Regel „nur“ 7 Stunden, womit Kampala
zu einer guten Möglichkeit für ein Wochenend-Trip wird. Trotzdem: das Busfahren
hat seine Tücken! Da es mehr Tücken bei der Abfahrt aus Kampala gibt, werde ich
die Fahrt nun mal aus dieser Richtung beschreiben.
Im Grunde genommen fängt es schon vor der Abfahrt an. In
einem recht beachtlichen Umkreis des Bus-Parks stehen Leute, die es auf
reiseergiebig ausschauende Menschen absehen (und mit einem großen Rucksack auf
dem Rücken sieht man leider SEHR reiseergiebig aus) und versuchen, diese zu dem
Bus einer bestimmten Agentur zu führen, da sie dafür Geld kriegen würden. Da
ich jedoch weiß, dass ich den Link-Bus nehmen möchte, da das der beste ist, den
man kriegen kann, ich weiß wo der steht und ich nicht auf Menschen erpicht bin,
die an mir rumzerren, gebe ich inzwischen keine Auskunft mehr über mein
Reiseziel. Am Bus angekommen sind die Stauräume zumeist zu voll, um noch mein
Gepäck aufzunehmen, also nehme ich es mit nach oben; halb erfreut, weil ich
somit auf mein Gepäck aufpassen kann (obwohl ich sagen muss, bisher noch nie
schlechte Erfahrungen gemacht zu haben), halb überfordert mit der Situation,
mich mit einem Rucksack auf dem Rücken durch den engen Gang zu quetschen, der in Kampala immer von
Verkäufern wimmelt, die einen Reiseproviant, Zeitungen, Bücher, Socken und
alles andere Mögliche und Unmögliche verkaufen wollen. Beim Einsteigen in den
Bus hoffe ich auf die richtige Passagiermenge: nicht zu wenige, damit es nicht
mehr allzu lange bis zur Abfahrt dauert, da die Busse hier nicht nach Zeitplan
fahren, sondern warten, bis alle Sitzplätze gefüllt sind; aber auch nicht zu
viele, da man als Passagier leidenschaftlich versucht, nicht allzu weit hinten
zu sitzen. Grund dafür: die Humps (also Straßenhuggel), die einem in den
verschiedensten Ausgaben garantiert jede Fahrt unbequem machen und leider nicht
nur zum Verringern der Geschwindigkeit, sondern auch zum Minimieren der
Schlafstunden führen. Je weiter hinten im Bus man sitzt, desto weiter wird man
bei den extremen Humps nach oben geschleudert. Nach dem Erreichen eines
Sitzplatzes, versuche ich vergeblich mein Rucksack in der Gepäckablage zu
verstauen, was mir zumeist erst mit der Hilfe von anderen Leuten gelingt, bevor
ich mich auf die Plastikbezüge niederlasse und darauf warte, dass es losgeht. Übrigens
ist aber auch die Sitzwahl innerhalb der Reihen nicht unerheblich. Die
Link-Busse haben auf der einen Seite zwei Sitze und auf der anderen Seite drei.
Alle Sitzplätze haben ihre Vor- und Nachteile. Wenn man am Fenster sitzt, kann
man selber regulieren, wie viel frische Luft man sich um die Ohren pusten
lassen möchte (Voraussetzung dafür wäre jedoch, dass die Fensteröffnungen
funktionieren), wenn man aber am Gang sitzt, kann man seine Beine ausstrecken.
Der einzige wirklich doofe Sitzplatz ist der in der Mitte der 3er-Sitze, da man
auf dem Platz einfach nur eingequetscht ist. Die Fahrt an sich lässt sich
eigentlich am besten mit dem Fahrenden Ritter aus Harry Potter vergleichen
(diesen Vergleich hat Miri angestellt, ich möchte ihn an dieser Stelle noch mal
aufgreifen):
"Der Fahrende Ritter holperte immer wieder über Gehwege, doch nie krachte es. Reihenweise Laternenpfähle, Briefkästen und Mülleimer sprangen ihm aus dem Weg, wenn er sich näherte, und zurück auf ihren Platz, wenn er vorbei war.Stan kam wieder herunter, gefolgt von einer Hexe, die in einen Reiseumhang eingehüllt war und ein bisschen grün im Gesicht wirkte.»Da sind wir, Madam Marsh«, sagte Stan glücklich, als Ern Auf die Bremse trat und die Betten ungefähr einen halben Meter in Richtung Fahrersitz schlitterten. Doch Madam Marsh drückte sich nur schnell ein Taschentuch gegen den Mund und wankte die Stufen hinunter. Stan warf ihr die Tasche hinterher und schlug die Tür zu. Wieder ertönte ein lauter Knall und sie donnerten eine schmale Allee entlang, an deren Rand die Bäume aus dem Weg sprangen."
(Zitat aus: Harry Potter und der Gefangene von Askaban)
Okay, ich gebe zu, dass das ein wenig übertrieben ist, aber
im Allgemeinen trifft es zu. Die Busse haben zumeist ein wirklich schnelles
Tempo drauf, nicht selten kommt es vor, dass irgendwelche Sachen vor den Bus
geraten oder der Bus auch mal von der Straße abkommt. Trotzdem ist es ein
Wunder, wie wenig bei dem Tempo und bei dem gewöhnlich prallen Leben auf den
Straßen und um die Straßen herum, passiert.
Trotzdem genieße ich die Fahrten sehr. Ich liebe es, wie man sich durch die schöne Landschaft Ugandas schlängelt, man mit netten Sitznachbarn ins Gespräch kommt, bei den Stopps frisches Essen und Trinken durch die Fenster kaufen kann, Umsitzende einem ihre Zeitungen zum Lesen geben und ich einfach mal 7 Stunden zum Rumsitzen und Nachdenken habe. Noch mehr liebe ich es jedoch, wenn ich im Dunkeln nach Hause komme und mir aus einiger Entfernung die Lichter von Kasese am Hang der Berge entgegenglitzern.
Trotzdem genieße ich die Fahrten sehr. Ich liebe es, wie man sich durch die schöne Landschaft Ugandas schlängelt, man mit netten Sitznachbarn ins Gespräch kommt, bei den Stopps frisches Essen und Trinken durch die Fenster kaufen kann, Umsitzende einem ihre Zeitungen zum Lesen geben und ich einfach mal 7 Stunden zum Rumsitzen und Nachdenken habe. Noch mehr liebe ich es jedoch, wenn ich im Dunkeln nach Hause komme und mir aus einiger Entfernung die Lichter von Kasese am Hang der Berge entgegenglitzern.
(Dieses Foto ist aus dem Internet gemopst) |
Das Matatu
Matatus sind die beste Wahl für mittellange Strecken. Zum
Beispiel um vom einen Ort zum nächsten Ort zu kommen, längere Strecken als 3
Stunden fahren Matatus nur selten. Übrigens werden Matatus auch als Taxis
bezeichnet, haben aber wenig mit den uns bekannten Taxis gemein. Das, was man
bei uns als Taxi bezeichnen würde, nennt man hier dann Special Hire, oder auch
nur Special. Wie in vorangegangenen Blogeinträgen schon beschrieben, handelt es
sich bei Matatus um Kleinbusse, die wirklich nicht größer (vermutlich sogar
kleiner) sind, als ein typischer VW-Bus. Vorne neben dem Fahrer sind zwei
Sitzplätze und hinten sind vier Sitzreihen. Die Sitzreihen beinhalten für
gewöhnlich drei Sitzplätze, von denen in den mittleren Reihen der jeweils
äußerste hochklappbar ist, damit man zu den hinteren Sitzreihen gelangen kann.
Wie man sich vorstellen kann, ist es also immer ein ziemlich großer Aufwand,
wenn jemand aus der hintersten Sitzreihe raus muss, da ein Drittel der
Fahrgäste dafür auch erst mal das Matatu verlassen muss. Rein theoretisch sind
Matatus also für 14 Passagiere ausgelegt, ich saß allerdings aber auch schon
mit über 20 Passagieren dort drin. Wenn man also in einem eigentlich schon
vollen Matatu sitzt, aber trotzdem entschieden wird noch einen weiteren
Fahrgast aufzunehmen, kommt regelmäßig die Aufforderung: „Extend, please!“. Zu
dieser Aussage habe ich vor kurzem (übrigens in einem Bus) einen lustigen
Ausschnitt eines Artikels in der Daily Monitor entdeckt:
„While an example of the latter, would be the common Ugandan expression, ‘extend please’, frequently used in crowded taxis or lifts.Again, for the uninitiated, it is not an invitation to spread your arms and legs as wide as possible or to distend your belly and puff out your cheeks (for how else can a human being extend?). In fact it means the opposite. It means ‘move up, pull your legs together and breathe in, if you must, because there is room for a couple more (usually very sweaty) people to squeeze in here.’”
Beim Ein- und Aussteigen in / aus Matatus füge ich mir
aufgrund der Enge regelmäßig blaue Flecken und Wunden zu, die von Fachmännern
sofort als Matatu-Bruises entlarvt werden. Tatsächlich sind es sehr markante
Wunden.
Ansonsten lässt sich wohl noch berichten, dass jedes Matatu
mit zwei Menschen ausgestattet ist: natürlich dem Fahrer, aber zusätzlich noch
dem sogenannten „Conductor“ (dt. Schaffner / Zugbegleiter), der den Platz an
der Tür einnimmt, diese auf und zu macht, um Fahrgäste raus und rein zu lassen,
das Geld von ihnen einsammelt und vor allem in Kampala immer wieder das
Fahrziel aus dem Fenster brüllt, oder dieses durch Handzeichen bekannt gibt.
Letzteres ist z.B. in Kasese einfach nicht nötig, da die Matatus von hier nur
in genau zwei Richtungen fahren (Fort Portal und Mbarara) und man das Ziel
daran erkennt, wie rum das Matatu auf der Straße steht.
Taxi-Park Kampalas voller Matatus |
Das Boda-Boda
Mein Lieblingsverkehrsmittel! Von Papa auch als „Esel der
Neuzeit“ betitelt, fährt das Motorradtaxi überall hin, wo man nicht mit Matatu
oder Bus hinkommt. Sei es aufgrund der Kürze der Strecke (z.B. wenn ich von
meinem Haus in das zu Fuß etwa 10-15 Minuten entfernte „Zentrum“ Kaseses will)
oder aufgrund der Unpassierbarkeit der Strecke mit größeren Gefährten. Die
Unpassierbarkeit kann verschiedene Gründe haben: zu viele Schlaglöcher,
aufgeweichte Straßen, oder (hier an den Bergen) das Nichtvorhandensein von
Straßen (stattdessen gibt es dann nur Pfade, die sich durch die Berge
schlängeln). Der Begriff Boda-Boda kommt übrigens von dem Englischen „border“ (dt.
Grenze):
„Die ersten Bodaboda waren in den 1960er und 1970er Jahren (zum Teil als Schmuggler) zwischen der ugandisch-kenianischen Grenze aktiv und breiteten sich von dort stetig in andere Regionen aus.“(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bodaboda, Stand: 09.04.2013)
Mein Liebling ist es, da ich die Freiheit auf dem Boda
liebe. Ohne Helm, ohne Schutzkleidung und teilweise mit gefährlichem Leichtsinn
düst man durch die Gegend und der Wind der einem um die Nase weht, lässt einen
diesen Leichtsinn total vergessen. Zumindest hier in Kasese, wo allgemein nicht
sonderlich viel Verkehr herrscht, in Kampala zittre ich hingegen regelmäßig um
mein Leben. Außerdem haben wir Freiwilligen ja auch einfach eine Tendenz zur
Leichtsinnigkeit (oder eher Leichtheit?!), das kann man wohl nicht verschweigen,
sodass es dann auch mal passiert, dass man mit drei Passagieren hinter dem
Fahrer sitzt, der sich ein Wettrennen mit der Zeit liefert… oder auch ein
Wettrennen mit einem anderen Bodafahrer. Aber, seid unbesorgt, das ist die
Ausnahme ;) Auch, dass man betrunkene oder bekiffte Bodafahrer erwischt
passiert zwar mal, aber nicht sehr regelmäßig. Und wenn es dann doch mal
passiert: bin immer erstaunt, wie gut sie trotzdem noch fahren können!
Aber auch hinter der „Freiheit des Bodafahrens“ steckt ein
System. Jedem Boda wird eine „Stage“ zugeordnet und nur an dieser Station
dürfen sie stehen und auf Kunden warten. Natürlich dürfen sie aber auch
Fahrgäste irgendwo auf dem Weg einsammeln, wenn sie z.B. grade nach dem Abliefern
eines Fahrgasts zurück zu ihrer Stage fahren. Und natürlich warten sie nicht
stumm auf Kunden, sondern machen lautstark auf sich aufmerksam. Vor allem bei
Muzungus, obwohl die Kasese-Bodas inzwischen größtenteils verstanden haben,
dass ich meistens laufe.
Des Weiteren habe ich zwar keine Prozentzahlen, aber nicht
allen Boda-Fahrer gehören die Motorräder selbst. Es gibt wohl ein paar reichere
Leute (oft Inder), die eine ganze Reihe Motorräder besitzen und diese dann an
die Fahrer vermieten. Verschmälert natürlich das Einkommen der Boda-Fahrer und
macht es nochmal sehr viel schlimmer für sie, wenn sie ein Unfall mit dem Boda
haben. Obwohl das so oder so sehr schlimm ist, da das Motorrad oft die einzige
Einkommensquelle in der Familie ist, die sobald das Motorrad Schäden hat wegfällt.
Das letzte öffentliche Verkehrsmittel, über das ich nun
allerdings kein eigenes Kapitel mehr schreibe, ist das Piki-Piki, sozusagen ein
Fahrrad-Boda. Eigentlich besser, da umweltfreundlicher, allerdings kann ich mir
nicht vorstellen, wie ein Fahrrad es mit Passagier und Gepäck in die Rwenzoris
schaffen sollte. Ich nehme es nicht oft, da es mir zumeist zu langsam ist. Der
Name kommt übrigens von „Pick me, pick me!“. Noch eine weiter Anmerkung zu den
Namen: das sind die, die man in Uganda gebraucht, das kann aber je nach Land variieren.
So werden beispielsweise in Tanzania die Motorradtaxis Piki-Piki genannt.
Miri und ich auf einem Boda (bei ihrem Besuch in Kasese) |
Matatus und Bodas auf einem Foto vereint (in K'la) |
Insgesamt finde ich das Verkehrssystem hier ziemlich genial!
Ich denke, dass es zum Beispiel toll wäre, wenn es in Deutschland ein ähnlich
ausgeprägtes Bus- oder Matatu-System gäbe, nur müsste die Qualität in
Deutschland dann eine andere sein. Boda-Bodas liebe ich zwar, würden sich aber
in Deutschland glaub ich nie und nimmer lohnen. Schade, schade…
Einfach super! Hab deinen Blog-eintrag total genossen. viel spaß noch in der Heimat ;)
AntwortenLöschen