Die Außenwirkung von Bio Gardens
Wie mein Vater es nach seinem Besuch formuliert hat ist Bio
Gardens „ein sehr sinnvoller realitätsnaher Versuch, einerseits traditioniertes
Wissen zu bewahren und einer Vertiefung zugänglich zu machen und andererseits
letztlich den Kindern der Farmerinnen und Farmern durch den Anbau von
Heilkräutern und das savings-Projekt eine Zukunftschance ohne Stadtrandslums
auf der globalisierten Erde zu geben“. Dem stimme ich voll und ganz zu, nur ist
das wohl eher die Sicht eines Cosmopolits,
um hier mal dieses hochtrabende Wort zu benutzen. Viel mehr zählt die Meinung
der Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten. Und diese Meinung ist, denke ich zumindest,
durchweg gut. Ein großer Unterschied zwischen uns und anderen größeren Organisationen
ist, dass wir reell Zeit mit den Nutznießern (also den Farmern) verbringen. Im
Gegensatz zu größeren Organisationen, von denen viele meiner Meinung nach dazu
neigen irgendwo hinzufahren, dort ein „Dienst“ zu leisten und dann wieder
wegzufahren und bestenfalls einmal monatlich nach dem Stand der Dinge zu gucken,
haben wir die Möglichkeit eine enge Beziehung zu den Farmern zu pflegen,
dadurch, dass wir sie wöchentlich sehen, es nicht zu viele sind und auch viel
über private Dinge geredet wird. Auch die Tatsache, dass es sich bei unseren
Trainings eher um ein Miteinander-Reden, als um stumpfe Vorträge handelt, sorgt
dafür, dass die Farmer gerne kommen, viel lernen und Bio Gardens schätzen.
Trotzdem ist die Außenwirkung noch nicht optimal, da Bio
Gardens in Kasese nicht besonders bekannt ist. So weiß zum Beispiel kein
Boda-Fahrer wo ich hinwill, wenn ich ihm nur den Namen meiner Organisation
nenne. Deshalb lässt es sich für mich auch sehr schlecht abschätzen, was für
eine soziale Stellung Bio Gardens in meiner Gegend hat. Deshalb denke ich, dass
Bio Gardens erst mal an der Popularität innerhalb Kaseses arbeiten sollte,
anstatt (wie von meinem Chef immer wieder deutlich als Wunsch ausgesprochen) an
der globalen Einbindung. Sicherlich, globale Einbindung bringt oft Geld und
Prestige, was zur Vergrößerung der Organisation führt, was wiederum zur
Bekanntheit im Umkreis des Standortes führt. Man kann es aber auch andersrum
sehen: warum sollte man mit einer Organisation kooperieren, die solch eine
kleine Zielgruppe hat?
Die Innenwirkung von Bio Gardens
Als ich hierherkam, präsentierte mir Emmanuel eine
ausgesprochen beeindruckende Liste aller Mitarbeiter. Tatsächlich habe ich auch
die meisten davon kennengelernt, sie existieren also, aber ich glaube, dass
diese ganzen Titel eher dazu dienen, die Menschen zu schmücken. Es gibt ein
Sekretariat, einen Mann, der für die Finanzen zuständig ist,… aber bis heute
habe ich noch nicht herausgefunden, was deren Aufgaben sind. Also hier einfach
eine Beschreibung der Aufgaben und Funktionen der zwei ständigen Mitarbeiter.
Emmanuel: Der
Chef, der Gründer, der Kopf, der Planer,… Ganz eindeutig ist er die Person, die
die Entscheidungen trifft, obwohl er mit mir eher als „Gleichgestellte“ umgeht.
Außerdem ist er in seinem Chef sein sehr freundlich und macht aufgrund der
nicht vorhandenen vielen Mitarbeiter auch alle anderen Arbeiten mit, z.B. hilft
er bei der Herstellung von natürlicher Medizin und bei der Instandhaltung des
Gartens.
Mary: Mary ist
für alle „kleineren“ Arbeiten zuständig. Sie ist hauptverantwortlich wenn es um
die Herstellung von natürlicher Medizin geht, tippt handgeschriebene Dokumente
ab und ähnliches, hat aber auch ein umfangreiches Wissen über natürliche Medizin
und gestaltet die Trainings für die Farmer mit.
Verdeckte Bereiche
Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass ich vieles über die
Organisation weiß und man mir gegenüber auch sehr offen ist und es in keinem
Bereich krampfhaft versucht wird ihn mir zu „verheimlichen“. Trotzdem habe ich
immer noch nicht wirklich herausgefunden, wie die Geldhaushalte funktionieren.
Zwar erzählt mir Emmanuel ab und zu mal davon, dass sie eine Spende erhalten
haben und davon dieses und jenes kaufen/gestalten/umsetzen können, aber zumeist
erfahre ich nicht , von wem die Spende gekommen ist, wie viel es war und ob
tatsächlich das ganze Geld in die Projekte fließen, oder zum Teil auch in die
eigene Tasche. Falls dem so wäre, wüsste ich noch nicht mal, ob ich das Emmanuel
und Mary vorhalten könnte, da beide (soweit ich das nun verstehe) kein Geld
durch Bio Gardens verdienen, sondern es größtenteils unbezahlt machen. Ich
denke aber, dass man mir ehrliche Antworten geben würde, wenn ich direkt danach
fragen würde, aber wer fragt schon gerne nach Geldangelegenheiten?
Die ganzen Geldgeschichten sind für mich nicht nur der
verdeckteste Bereich, sondern auch der befremdlichste. Ich habe ein Problem
damit, dass man mir gegenüber sehr verschlossen damit umgeht, während es
andersrum sehr gegenteilig verläuft. Wenn ich Fundraising betreibe, freue ich
mich meistens so über Erfolge, dass ich jeden Erfolg sofort mitteile. Das hat
aber zur Folge, dass mir Emmanuel damit dann sehr im Nacken sitzt, bis das Geld
da ist (das kann ja immer mal eine Weile dauern). Ein Beispiel: Ein Freund von
mir hier aus Kasese, hat einmal angedeutet, dass er wohl gerne ein wenig Geld
spenden würde, hat aber keine konkrete Zusage gegeben. Das habe ich Emmanuel
erzählt, woraufhin er mich immer wieder darauf angesprochen hat. Da es sich
aber um einen Freund von mir handelt, wollte ich ihn nicht immer wieder daran
erinnern, da sich das meiner Meinung nach nicht gehört, bzw. ich mich unwohl
dabei gefühlt hätte einen Freund immer wieder daran zu erinnern, dass er mir
doch Geld für mein Projekt spenden wollte. Das schien Emmanuel jedoch nicht zu
verstehen. Ich hab mich danach mit einer ugandischen Freundin unterhalten,
wobei mir noch mal bewusst geworden ist, dass es hier eine ganz andere Geldverleih-Mentalität
zwischen Freunden gibt. Es ist sehr viel üblicher Freunde nach Geld zu fragen,
wenn diese grade ausreichend haben. Da ich mich damit jedoch nicht so richtig
anfreunden kann, ist meine „Anpassung“ nun einfach die, dass ich Emmanuel erst
informiere, wenn ich das Geld auch wirklich habe.
Aber immerhin an die lockerere Arbeitsmoral hab ich mich
erfolgreich angepasst. Zwar geht es mir immer noch ein wenig auf die Nerven,
wenn ich mal eine Weile wenig zu tun habe, aber inzwischen ist meine
Arbeitsmoral wohl fast lockerer, als die meiner Kollegen. Trotzdem passe ich
dabei darauf auf, dass ich all meine Ziele erreiche, auch wenn ich dafür immer
öfters mal nicht im Office, sondern von zu Hause aus arbeite.
Die Entwicklung Bio Gardens während meines Aufenthalts
Ich bin der Meinung, dass Bio Gardens in den bisherigen 9
Monaten einige Entwicklungen durchlaufen hat. Da wäre zum einen, dass Bio
Gardens nun eine zweite Gruppe von Farmern an Dienstagen trainiert. Auf diese
Entwicklung hatte ich allerdings keinen Einfluss. Trotzdem bin ich stolz
darauf, dass wir nun mehr Leute erreichen und versuche immer wieder im Gespräch
Leute aus der Umgebung des Training Centers darauf Aufmerksam zu machen, da mir
schließlich genug Leute begegnen, die mich aufgrund meines Muzungu-Daseins
darauf ansprechen, was ich denn bittesehr in Kirembe verloren hätte.
Insgesamt – und darauf habe ich einen Einfluss – habe ich
das Gefühl, dass Bio Gardens nun einfach sehr nach vorne strebt. Ich habe neue
Möglichkeiten aufgezeigt, und auch wenn nicht alle angenommen wurden, haben sie
grundsätzlich einen Weg der Innovationen gewiesen. Schon alleine die Tatsache,
dass wir nun bald zu einer NGO werden, hat sehr viel damit zu tun, dass Bio
Gardens ernsthaft an nachfolgenden Freiwilligen interessiert ist. Mir ist klar,
dass es sich in der Entwicklung der Organisation um einen niemals endenden und
langsamen Prozess handelt, da die Ressourcen von Bio Gardens nur beschränkt
sind, aber ich bin schon glücklich damit, einfach mal einen frischen Wind in
die Organisation gebracht zu haben. In diesem Jahr ist Bio Gardens auf jeden
Fall ein paar Schritte nach vorne gegangen (ob es nun auch in die richtige
Richtung war will ich mir nicht anmaßen zu beurteilen, aber ich glaube und
hoffe schon :) ).
Einflüsse auf Abläufe und Strukturen durch die Anwesenheit eines weltwärtslers
Das ist schwer zu sagen! Einerseits, weil keiner weiß, wie
die Abläufe und Strukturen waren, bevor er/sie gekommen ist. Und andererseits
weil ich denke, dass es sehr darauf ankommt, was der/die weltwärts-Freiwillige
aus seinem Jahr macht. Im Allgemeinen denke ich, dass ein/e weltwärts-Freiwillige/r
zum Beispiel in meiner Organisation dafür sorgen kann, dass Arbeitszeiten
eingehalten werden, was ich nun aber nicht so wirklich getan habe. Ich finde es
eher blödsinnig irgendwelche sinnlosen Aufgaben zu erledigen, nur um nicht vor Ende
der offiziellen Arbeitszeit nach Hause zu gehen. Ich weiß auch gar nicht, ob
ich es so sinnvoll finde ganze Abläufe und Strukturen als weltwärtslerIn
verändern zu wollen, da man doch schließlich hier ist, um zu lernen, wie es „in
Afrika so abläuft“, was man wohl nicht tut, wenn man stattdessen seiner
Organisation seine eigenen Strukturen aufdrängen will. Trotzdem kann man sie wohl beeinflussen, z.B.
wenn es darum geht „dead lines“ zu setzen, was ja den allgemeinen
Arbeitsprozess eigentlich nicht verändert, oder wenn es darum geht, spezielle
Dinge mal zügiger zu erledigen. Ich glaube nur, dass viele Freiwillige
wenigstens am Anfang sehr ihre eigene „zackige“ Arbeitsmoral in der ganzen
Organisation verbreiten wollen (da schließe ich mich selber nicht aus), anstatt
die „Langsamkeit“ mal nicht als falsch, sondern nur als andere Herangehensweise
anzusehen. Wie man so schön sagt: Langeweile fördert die Kreativität und hat zumindest
bei mir die besten Projektideen hervorgebracht.
Die „weltwärts-Fähigkeit“ von Bio Gardens
Nachdem ich mich grade gefragt habe, was überhaupt „weltwärts-fähig“
ist, habe ich mir im Internet die Richtlinien von weltwärts durchgelesen.
Demnach ist Bio Gardens voll und ganz „weltwärts-fähig“. Auf jeden Fall befindet sich Bio Gardens in einem
Entwicklungsland, sogar im besonders berücksichtigten Afrika, es befasst sich mit
dem „entwicklungspolitischen Schwerpunktsektor und -thema“ Umwelt- und Ressourcenschutz,
schätzt mich als Freiwillige wert und kann sogar „eine angemessene
Einarbeitung, Beschäftigung und Betreuung der Freiwilligen gewährleisten“. Da
ist ja praktisch jede Organisation irgendwie „weltwärts-fähig“ ;-)
Für mich als Freiwillige zählen letztendlich andere
Faktoren. Die Umgebung, in der mein Jahr lang zu wohnen hat; die Freundlichkeit
der Kollegen; das Potential der Organisation, sowie die Aufgabenvielfältigkeit,
in der man tätig sein kann (dabei ist es für mich ja letztendlich nicht ganz so
wichtig, ob es sich tatsächlich um entwicklungspolitische Schwerpunktsektoren
handelt, solange ich dabei was lerne und es mir Spaß macht); das Budget der
Organisation; die Freunde, die man findet; die Denkanstöße, die einem die
Organisation gibt; die Freiheiten und Zugeständnisse, sowie das Vertrauen, das
einem die Organisation entgegen bringt und vieles, vieles mehr.
Aber auch, wenn ich nun diese Faktoren betrachte, halte ich
Bio Gardens noch für „weltwärts-fähig“:
- Kasese ist meiner Meinung nach die perfekte Umgebung, nicht zu groß, nicht zu klein, zum Glück keine anderen Deutschen, dafür aber eine kleine, offene und vielseitige Muzungu-Community, wunderschön gelegen, umgeben von zwei Nationalparks.
- Da noch neu kann man in fast jede Richtung gehen, in die man so gehen möchte, da noch nicht besonders viele Richtungen ausgeschöpft wurden. Entscheidend dabei ist wohl auch, dass diese ganzen Freiwilligen-typischen Projekte noch nicht umgesetzt wurden, weil ich die erste Freiwillige bin, man kann also wirklich kreativ werden.
- Das Budget meiner Organisation ist wohl eher nicht besonders „weltwärts-fähig“. Ich denke aber, dass das kein Problem darstellen sollte, wenn man Freiwillige hierher schickt, die bereit sind, für ihre Projekte Fundraising zu betreiben, sich für Subventionen zu bewerben (was unproblematisch sein sollte, sobald Bio Gardens eine NGO ist) und im Allgemeinen halt einfach was zu tun.
- Freunde und Denkanstöße sind wohl eher eine persönliche Sache, die bei jedem Freiwilligen variieren werden, ich hab aber sowohl tolle Freunde gefunden, als auch wahnsinnig viele Denkanstöße bekommen, die sich garantiert auf meine Zukunft auswirken werden.
- Bio Gardens gibt einem Starthilfe, Emmanuel und Mary sind immer für einen da, haben es aber auch scheinbar bedenkenlos akzeptiert, als ich nach mehr Freiheiten strebte und bringen mir definitiv Vertrauen gegenüber.
Ich halte es für wichtig, dass in Bio Gardens Freiwillige
arbeiten, die sich nicht davor scheuen eigenständig zu arbeiten und sich nicht
von solchen Dingen wie Geldmangel abschrecken lassen, davon abgesehen habe ich
aber keine Bedenken, was die „weltwärts-Fähigkeit“ meiner Organisation
betrifft.
Meine verbleibenden Monate
Besonders viel Zeit ist ja nicht mehr übrig, auch, weil ich
im Juni/Juli noch einmal Besuch bekommen werde. Trotzdem will ich zwei Dinge
wirklich noch erreichen: die Fertigstellung meines Bienenprojekts und ein Umzug
des Offices in die Stadt. Sehr optimistisch sein kann ich mit meinem
Bienenprojekt, die Bienenhäuser werden wohl innerhalb der nächsten 1 – 2 Wochen
fertig sein. Weniger optimistisch bin ich mit dem Umzug, da das schließlich
nicht nur meine Entscheidung ist und es momentan ziemlich schwer ist geeignete
Räume in unserem Preisrahmen zu finden, das ist also eher eine Glückssache.
Ansonsten werde ich auch weiterhin in der restlichen Zeit
Fundraising für das Training Center betreiben, da habe ich aber kein konkretes
Ziel, sondern werde eher versuchen einfach so viel Geld wie möglich zusammen zu
kriegen.
Um die Zeit zu füllen, die mir ansonsten verbleibt, werde
ich noch mindestens eine Präsentation für die Farmer gestalten und
Kleinigkeiten im Office erledigen.
Ich möchte die Stelle nicht mit dem Gefühl verlassen, dass
es jeder Partei wahnsinnig geholfen hat, sondern vielmehr, dass es keine Partei
bereut, dass ich hier war. Obwohl es mir selber ganz bestimmt auch wahnsinnig
viel geholfen hat!
Über so einen schönen und ausführlichen Bericht hat sich Frank mit Sicherheit gefreut ;-) Ist wirklich gut geworden.
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